die linien (1968/1995)

die stellung einer einzelnen linie in der fläche bestimmt unsere erfahrung dieser flächen, so daß bei einer anderen stellung der linie, einer verlängerung oder verkürzung, unsere erfahrung der fläche verändert wird.

wie jedes primäre bildelement hat die linie eine ganz eigene wirkung. ein punkt zum beispiel bestimmt den raum um sich herum, erschafft aus ihm ein spannungsfeld. eine linie macht das auch, aber deutlicher ist, daß die linie die fläche aufteilt.

linien sind wie dämme im wasser. das auge muß sie überwinden wie ein hindernis. es kann aber auch herumgehen, fließen. eine weitere möglichkeit ist es, der linie zu folgen, auf dem damm zu laufen und die veränderungen in der umgebung wahrzunehmen. denn der ort, an dem das auge sich befindet, ist ein wahrnehmungspunkt in bezug zur fläche. auf diese weise ist die linie eine reihe von 'argumentstellen'. hier entlang, herum oder hinüber zu gehen, bedeutet aussicht und standpunkt zu verändern.

die kompositionstechnik: die linien in dieser serie sind die verbindungen von jedesmal zwei zufällig bestimmten punkten. quelle des zufalls war die tabelle 'random numbers' aus fisher & yates 'statistical tables'. die zahlen daraus werden als zentimeter interpretiert und auf der x- und y-achse eingesetzt.

source: herman de vries, 'die linien', in herman de vries. to be : texte - textarbeiten - textbilder (stuttgart 1995) 62. Originally published in Dutch as 'de lijnen', in de lijnen v68-161 (edition integration : arnhem 1968); also in Felison-kahier n° 10 (IJmuiden 1968) [11]. A French translation is published in herman de vries. les livres et les publications. catalogue raisonné (centre des livres d'artistes : Saint-Yrieix-la-Perche 2005) catalogue number 9, 99-100.